Freitag, 3. Oktober 2014

Schreibkick #9: Mein kleiner Teddybär Lu - Teil 2

Endlich! Der zweite Teil von Teddybär Lu... und... es wird wohl eine Kurzgeschichten-Triologie, denn ich bin immernoch nicht fertig. Der Text ist wiedermal noch nicht Korrekturgelesen, also verzeiht wieder Wortwiederholungen und Rechtschreibfehler. Aber ich wollte ihn nun trotzdem Posten. Teil drei und die Überarbeitung dieser beiden Teile kommt dann Am Sonntag oder im Laufe der nächsten Woche.

Teil 2 – Sir Henrys Reich

Lu lag auf dem Boden und starrte zu seinem unbekannten Retter empor, der nun langsam auf ihn zu kam. Im Gehen schob er das Schwert und den Stock in seinen Gürtel.  Er war ebenfalls ein Teddy, ungefähr gleich groß wie Lu. Doch er wirkte seltsam unförmig. Als er neben Lu stand und ihm seine Pfote entgegen streckte, erkannte Lu, dass sein linkes Ohr eingerissen war und sich eine grobe Naht quer über sein rechtes Auge zog. Obwohl der Unbekannte ihm Angst einflößte, griff Lu nach der Pfote und ließ sich von ihm aufhelfen.

„Danke, dass du mir geholfen hast,“ brachte Lu immer noch leicht zitternd heraus.
„Kein Problem, die Dinger sind eine echte Plage.“
In Lus Kopf überschlugen sich die Gedanken. Was machte ein Teddy hier unten in den Bahntunneln? Und was war mit ihm geschehen? Woher kamen all die Narben?
„Komm.“ Der Teddy setzte sich in Bewegung.
„Äh, wohin? Und wer bist du überhaupt?“
Er blieb stehen und drehte sich zu Lu um. „Zu mir, da sind wir sicher. Wenn wir dort sind erkläre ich dir alles.“
„Aber ich muss zurück zu meinem Theo, er hat mich heute verloren und ich muss doch…“
„Und wie?“ Unterbrach der Fremde ihn barsch. „Über die Ausgänge? Vergiss es! Da ist alles voll mit Kameras.“
Mit diesen Worten drehte er sich um und ging wieder weiter.
Lu stand einige Sekunden unschlüssig da, beschloss dann aber, ihm zu folgen. Eine andere Möglichkeit hatte er nicht. „Dann verrate mir doch wenigstens deinen Namen.“
„Sir Henry.“
„Sir Henry? Das ist aber ein ungewöhnlicher Name für einen Teddy, “ erwiderte Lu.
„Ich weiß, ich habe ihn mir selbst gegeben.“
„Warum?“  Neugierig blickte Lu Sir Henry an, doch der reagierte nicht, sondern ging mit sturem Blick, schweigsam immer weiter an der Schiene entlang. Lu ging neben ihm, erleichtert, dass er nicht alleine hier unten war. Und trotzdem war ihm nicht wohl bei der Sache. Erst nach einiger Zeit bemerkte er das Klopfen, das sie zu verfolgen schien. Teddys machen beim Laufen normalerweise keine Geräusche auf ihren Plüschsohlen. Doch er hörte neben sich regelmäßig ein „Klack – Klack – Klack“. Er blickte hinüber zu Sir Henry, aber der starrte nur weiter gerade aus und schien im Takt mit dem Klopfen zu laufen. Verwundert blickte er an ihm herab und stellte mit Entsetzen fest, dass sein rechtes Bein fehlte. Dort, wo eigentlich die dünne Naht sein sollte, die den Übergang vom Rumpf ins Bein markiert, war eine scharfe Kante zu sehen. Statt einem Plüschbein ragte eine Schnapsflasche aus seinem Körper heraus, die das fehlende Bein ersetzte. Erschrocken wandte er sich von dem Anblick ab. Was war das nur für ein Kerl? Hoffentlich wollte er ihm wirklich helfen und hatte nicht irgendwelche anderen Pläne mit ihm.

Sie waren vielleicht eine viertel Stunde gelaufen, als Sir Henry plötzlich stehen blieb. „Wir müssen da durch.“ Er zeigte auf die Mauer des Tunnels, doch Lu konnte im ersten Moment nichts erkennen. Erst als er näher heran ging sah er, dass da ein kleiner Spalt in der Mauer war. Gerade breit genug, dass ein Teddy sich hindurch quetschen konnte. „Okay, geh du vor.“
„Wie du willst,“ erwiderte Sir Henry und war keine zwei Sekunden später durch den Spalt verschwunden. Vorsichtig ging Lu näher heran und versuchte irgendetwas hinter dem Durchgang zu erkennen. Doch es war stockdunkel. Es war ihm nicht wohl dabei, doch er nahm all seinen Mut zusammen und schob sich seitlich durch die Lücke. Das Gestein war kalt und er brauchte Kraft, um sich hindurch zu schieben, wobei er das Gefühl hatte, dass er harte Fels ihm das Fell aufkratzte. Doch schon nach wenigen Sekunden war er auf der anderen Seite. Der Spalt war nur ungefähr 20 cm lang. Hier war es so stockfinster. Lu streckte seine Ärmchen aus, um zu ertasten, wo er war. Direkt neben und über sich spürte er Felsen. Er musste in einem kleinen Tunnel sein. Plötzlich flackerte ein Licht auf. Sir Henry hatte ein Streichholz gezündet, das er nun an eine Kerze hielt. Im Licht der Flammen sah sein Gesicht noch verzerrter und angsteinflößender aus, als in der sterilen Haltestellenbeleuchtung.

„Wo sind wir hier?“ Fragte Lu.
„In einem Rattenloch,“ antwortete Sir Henry kurz, drehte sich dann um und ging den Gang entlang.
„Und wo führt es hin?“ Entgegnete Lu verwundert.
„In mein Zuhause.“

Zuhause? In Lu keimte Hoffnung auf. Konnte es sein, dass dieser Tunnel an die Oberfläche führte? Zu einer Familie? Wenn er sich nicht allzu sehr täuschte, verlief der U-Bahntunnel nicht weit weg von Theos Haus. Vielleicht waren sie seinem Ziel schon näher, als er bisher gedacht hatte.
Doch der Tunnel führte nicht bergauf, er führte überhaupt nicht weit. Schon nach wenigen Minuten sah Lu in einiger Entfernung einen schwachen Lichtschimmer. Die Hoffnung, die er eben noch verspürt hatte, schwand augenblicklich. Als sie am Ende des Tunnels angekommen waren, betraten sie einen großen Kellerraum. Lu war erst ein Mal in einem Keller gewesen. Theos Oma wollte ihm den großen Vorratskeller zeigen, in dem sie ihre köstlichen Marmeladen und Gelees gelagert hatte. Doch Theo hatte schon auf der Treppe Angst vor den dunklen Räumen bekommen und war in sein Zimmer gerannt, um Lu zu holen. Gemeinsam hatten sie sich dann die Treppe runter und durch den spärlich erleuchteten Gewölbekeller gewagt. Es war kalt dort unten und überall hingen Spinnenweben. Theo zitterte und auch Lu musste sich zusammenreißen. Doch als Theo die ganzen bunten Marmeladengläser sah, war all die Angst vergessen. Er durfte sich sogar zwei aussuchen, die er wieder mit hoch nehmen durfte. Eines durfte er noch bei der Oma aufmachen und immer zum Frühstück davon essen, das andere hatte er mit heim genommen. Die Erinnerung an diese glücklichen Zeiten mit Theo schmerzte ihn sehr, schon wieder spürte er diesen Klos im Hals. Er musste sich zusammen reißen und irgendwie einen Weg finden, hier wieder raus zu kommen.

Lu atmete ein paar Mal tief durch und sah sich dann in dem Raum um. Es war ein Kellergewölbe, mit Wänden aus Stein. An einer Seite war wohl mal eine Tür, doch die war zugemauert, so dass nur noch ein leichter Umriss zu erkennen war. An den Wänden standen Regale, die von Kerzenlicht erleuchtet waren. In den Regalen lagen Unmengen an weiteren Kerzen. Bei genauerem Hinsehen erkannte er, dass die verschiedenen Ebenen miteinander verbunden waren. Auf fast jeder Höhe waren die Bretter an irgendeiner Stelle aufgebrochen. Darunter führten gestapelte Kerzen, wie eine Treppe auf das obere Regalbrett. In den Regalen standen selbst gebaute kleine Möbel. Genau richtig für einen Teddy. Sir Henry hatte sich hier wohl sein eigenes kleines Haus eingerichtet.
„Wow, hast du das alles selber gemacht?“
„Ja, größtenteils. Die Regale waren schon da, Nägel findet man hier auch und aus den herausgebrochenen Hölzern habe ich die Tische, Stühle und Betten gebaut. Naja, ich war auch nicht ganz alleine. Ich hatte Hilfe.“
„Hilfe?“ erwiderte Lu erstaunt. Doch in dem Moment sah er schon hinter einem der Regalpfosten ein kleines Plüschkätzchen mit großen Glubschaugen hervortreten.
„Das ist Pimminny,“ stellte Sir Henry das kleine Wesen vor. „Na komm her Kleines, er ist unser Gast für die nächsten Tage.“
„Die nächsten Tage?“ Fragte Lu überrascht. „Aber ich muss doch möglichst schnell wieder nach Hause.“
„Schon klar, aber wir müssen schauen, dass wir dich möglichst sicher hier raus bekommen. So einfach ist das nicht. Ich muss wissen, wo genau das Haus steht, zu dem du zurück möchtest. Dann können wir uns überlegen, welche Tunnel wir nehmen, wo du sicher auf die Straße und schließlich zurück zum Haus kommen kannst.“

Lu war etwas überrascht von der neuen Gesprächigkeit seines Gastgebers, aber er beschloss, die Chance zu nutzen. „Das kannst du? Also ich meine, so gut kennst du dich hier unten aus? Seit wann lebst du hier?“ Inzwischen war Pimminny bei ihm angelangt und strich mit leisem Schnurren und einem vorsichtigen Maunzen hin und wieder um seine Beine.
„Schon seit ein paar Jahren. Ich kenne die Tunnel wie meine Westentasche. Wo wir gerade so nett plaudern, wie ist eigentlich dein Name?“
„Lu.“
„Also gut Lu, wir haben morgen viel vor. Wir sollten schlafen gehen. Nimm du das Bett da drüben im Regal.“ Sir Henry deutete auf die zweite Etage des Regals das neben der ehemaligen Türe stand. „Morgen reden wir weiter.“ Lu hätte gerne noch weiter gefragt und mehr über diesen Seltsamen Teddy erfahren, aber er wollte ihn nicht verärgern, schließlich war er vielleicht seine einzige Hoffnung, heil hier raus zu kommen.

Das Bett, von dem Sir Henry gesprochen hatte, war ein Viereckiger Holzkasten, der mit Watte und Stoffresten gefüllt, und mit dem Stoff eines Hemdes überzogen war. Als Kopfkissen diente ein zusammengerollter Stofffetzen und als Decke ein T-Shirt. Es war auf jeden Fall bequemer, als es auf den ersten Blick ausgesehen hatte. Aber Lu konnte noch eine ganze Weile nicht einschlafen. Zu viele Dinge gingen ihm durch den Kopf. Die Sorge um Theo, die Ungewissheit, ob Sir Henry ihm wirklich helfen wollte und die große Frage, warum ein Teddy in einem zugemauerten Keller hauste. Er hatte gerade die Augen geschlossen und versuchte an etwas Schönes zu denken, da hörte er ein leises Schnurren neben sich. Als er die Augen wieder öffnete sah er Pimminny neben seinem Bett sitzen. „Pimminny, Bett?“ maunzte sie und legte ihre Vorderpfoten vorsichtig auf Lus Decke, wobei sie sich auf die Hinterpfoten setzte.
Lu blickte das Tierchen verwundert an. „Was? Äh, ja, klar, komm her.“
Das kleine Kätzchen miaute erfreut, sprang federleicht auf die Matratze und rollte sich neben Lu zusammen.
„Warum du hier?“
„Ähm, ich wurde heute verloren von Theo, meinem Kind.“ Erwiderte Lu.
„Muss schlimm sein, traurig.“
„Ja, sehr.“ Lu überlegte kurz und fragte dann: „Weißt du, warum der Keller hier zugemauert wurde?“
„Nicht weiß, aber Sir Henry sagt wegen Skelett.“
„Ein Skelett?“ Fragte Lu erschrocken.
„Ja, liegt da drüben.“ Pimminny nickte mit ihrem Kopf kurz in die gegenüberliegende Ecke des Raumes. „Sir Henry sagt, wahrscheinlich vor Jahren umgebracht.“
In der Ecke konnte Lu tatsächlich einen Haufen Knochen liegen sehen.

„Du Hilfe von Sir Henry?“
„Ja, das hoffe ich doch,“ antwortete Lu etwas unsicher.
„Dann seien vorsichtig,“ flüsterte Pimminny leise.

„Vorsichtig? Warum?“ Doch er bekam keine Antwort mehr. Sie war bereits eingeschlafen.  

1 Kommentar:

  1. und es bleibt weiterhin spannend :)
    du hast da wirklich tolle ideen, das lesen macht richtig spaß!
    der kleine lu erlebt ja richtig viel.
    wünsch dir ein schönes wochenende
    hdl

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